Question to the brain

Warum mag das Gehirn Gewohnheiten?

Questioner: Grundschülerin, 4. Klasse

Published: 26.03.2023

Meine Mama hat gesagt, dass das Gehirn Gewohnheiten mag. Stimmt das? 

The editor's reply is:

Prof . Dr . Lars Schwabe: Dekan der Fakultät für Psychologie und Bewegungswissenschaft, Professor für Kognitionspsychologie an der Universität Hamburg: Gewohnheiten sind für uns Menschen generell sehr wichtig. Gewohnheiten bilden sich dann heraus, wenn wir wiederholt bestimmte Verhaltensweisen ausführen. Wir wiederholen bestimmte Handlungen dann, wenn sie zum Erfolg geführt haben. Über Gewohnheiten müssen wir auch nicht nachdenken – wir können sie direkt ausführen. Das ist sinnvoll und erleichtert dem Gehirn die Arbeit, weil wir dadurch automatisiert handeln. Dem Gehirn stehen dadurch seine kognitiven Ressourcen, also seine Fähigkeit zur eigentlichen Denkleistung, für andere Aufgaben zur Verfügung, auf die wir uns dann konzentrieren können. Gewohnheiten sind dabei per se erst einmal nicht gut oder schlecht, sie entstehen einfach durch die Wiederholung.

Was passiert dabei im Gehirn? Besonders wichtig sind hier die Basalganglien. Das ist eine relative alte Struktur, eine Gruppe von Nervenzellen, die weit vernetzt ist und tief im Gehirn verborgen liegt. Sie sind wichtig dafür, dass wir Handlungen ausführen können, beispielsweise uns zu bewegen oder zu sprechen. In diesem Netzwerk liegt auch das sogenannte Dorsale Striatum, das entscheidend ist für die Gewohnheitsbildung. Hier bauen sich bei zunehmender Wiederholung von Verhaltensweisen bestimmte Aktivitätsmuster auf.

Interessanterweise sehen wir da unterschiedliche Verläufe: Wenn wir eine Aktivität das erste Mal ganz zielgerichtet ausführen und flexibel angehen, dann sind in erster Linie präfrontale Areale wichtig, also Bereiche im Gehirn, die direkt hinter der Stirn liegen. Vereinfacht gesagt, denken wir mit diesem Teil des Gehirns.

Mit der Häufigkeit der Wiederholung baut sich in den Basalganglien mehr und mehr etwas auf, das wir als Gedächtnisspur bezeichnen. Je stärker wir ein Verhalten wiederholen, desto stärker wird diese „Spur“ auch. Neurotransmitter spielen dabei eine wichtige Rolle, vor allem das Dopamin, das in Erwartung einer Belohnung ausgeschüttet wird – unter anderem im Nucleus accumbens, einem zentralen Teil im so genannten Belohnungssystem. Von dort aus werden die Erregungspotentiale in andere Hirnstrukturen weitergesendet, die dann Freude und Glück auslösen. Geschieht das regelmäßig, schleift sich die oben erwähnte Gedächtnisspur ein. Wir führen Handlungen aus, ohne über sie nachzudenken.

Anders als bei der Sucht erlischt das Dopaminsignal aber mit der Zeit, wenn wir uns an die Belohnung, zum Beispiel den Erfolg, gewöhnt haben. Dadurch behalten das direkte und automatisierte Handeln zwar bei, aber die Gewohnheit wird nicht zur Sucht.

Aufgezeichnet von Anke Lorenz-Hoppe

Basalganglien

Basalganglien/Nuclei basales/basal ganglia

Basalganglien sind eine Gruppe subcorticaler Kerne (unterhalb der Großhirnrinde gelegen) im Telencephalon. Zu den Basalganglien zählen der Globus pallidus und das Striatum, und je nach Autor weitere Strukturen, wie z. B. die Substantia nigra und der Nucleus subthalamicus. Die Basalganglien werden primär mit der Willkürmotorik in Verbindung gebracht, beeinflussen aber auch Motivation, Lernen und Emotion.

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