Genies aus dem Labor

Grafik: MW
Genie durch Wissenschaft

Von mentalen Superkräften träumen viele. Mit Wunderpillen, elektrischen oder magnetischen Kappen, im Hirn implantierten Chips oder sogar genetischen Manipulationen soll der Traum wahr werden.

Scientific support: Prof. Dr. Elsbeth Stern

Published: 01.10.2017

Difficulty: intermediate

Das Wichtigste in Kürze
  • Von Eingriffen, um die menschliche Intelligenz drastisch zu steigern, träumen nicht nur Schriftsteller und Filmproduzenten, sondern auch Forscher, Unternehmer und Privatpersonen. Denkbar wären Intelligenzsprünge mithilfe von pharmakologischen, maschinellen oder genetischen Interventionen.
  • Pillen fürs Gehirn probieren experimentierfreudige Menschen schon lange aus, von Fischöl in der Schwangerschaft bis hin zu verschreibungspflichtigen Medikamenten, die eigentlich für andere Zwecke entwickelt wurden. Auch wenn sich die Indizien verdichten, dass einige dieser Mittel bestimmte kognitive Aspekte tatsächlich positiv beeinflussen können, blieb der große Durchbruch bislang aus.
  • Ähnlich sieht die Lage bei zwei Techniken aus, die geistige Leistungen mithilfe von äußerlich angewandten elektrischen oder magnetischen Impulsen verbessern sollen. Beide Ansätze zeigen mitunter kleinere Wirkungen – aber (noch) keineswegs zuverlässig.
  • Drastische Steigerungen der kognitiven Leistung versprechen sich Visionäre hingegen von Implantaten ins Gehirn. Hier gilt es allerdings noch etliche technische Hürden zu überwinden, bis überhaupt abgeschätzt werden kann, ob und inwieweit solche Eingriffe effektiv sein könnten.
  • Der vielleicht dramatischste Ansatz zielt darauf, den menschlichen Geist im Kern zu verändern. Die genetischen Varianten, die zur Intelligenz beitragen, sollen identifiziert und durch Auswahl oder genetische Manipulation von Embryonen in künftigen Generationen verdichtet werden. 
  • Technisch unvorstellbar wären solche Bemühungen auf lange Sicht nicht. Ob und unter welchen Umständen sie auch ethisch akzeptabel sein könnten, ist gesellschaftlich zu klären.

 

Intelligenz

Intelligenz/-/intelligence

Sammelbegriff für die kognitive Leistungsfähigkeit des Menschen. Dem britischen Psychologen Charles Spearman zufolge sind kognitive Leistungen, die Menschen auf unterschiedlichen Gebieten erbringen, mit einem Generalfaktor (g-​Faktor) der Intelligenz korreliert. Demnach lasse sich die Intelligenz durch einen einzigen Wert ausdrücken. Hierzu hat u.a. der US-​Amerikaner Howard Gardner ein Gegenkonzept entwickelt, die „Theorie der multiplen Intelligenzen“. Dieser Theorie zufolge entfaltet sich die Intelligenz unabhängig voneinander auf folgenden acht Gebieten: sprachlich-​linguistisch, logisch-​mathematisch, musikalisch-​rhythmisch, bildlich-​räumlich, körperlich-​kinästhetisch, naturalistisch, intrapersonal und interpersonal.

Kern

Kern/-/nucleus

Der Kern ist in einer Zelle der Zellkern, der unter anderem die Chromosomen enthält. Im Nervensystem ist der Kern eine Ansammlung von Zellkörpern – im zentralen Nervensystem als graue Masse, ansonsten als Ganglien bezeichnet.

Hirnzapping in der Garage

Ob die elektrische Stimulation des Gehirns die Denkleistung positiv beeinflussen kann, mag nach wie vor umstritten sein. Das hält besonders wagemutige Menschen jedoch nicht davon ab, beherzt zum Lötkolben zu greifen, um sich aus Batterien, Kabeln und Schwämmen ihre eigenen tDCS-Apparate zu bauen. Im Gegensatz zum technisch und finanziell deutlich anspruchsvolleren Bau von Apparaten zur transkraniellen Magnetstimulation steht solchen Garagentüfteleien technisch und finanziell nicht viel im Weg – was nicht heißen soll, dass die Experimente risikofrei wären. Im Gegenteil, der Do-it-yourself-Trend rief zwischenzeitlich über 40 Wissenschaftler auf den Plan, die 2016 in einem offenen Brief vor dem Einsatz von elektrischer Hirnstimulation durch Laien warnten: „Die Häufigkeit, mit der viele DIY-Nutzer experimentieren – z. B. täglich, über Monate hinweg oder länger – haben wir noch nie formell studiert. Wir wissen jedoch, dass schon wenige Anwendungen ziemlich nachhaltig wirken können, und gehen davon aus, dass häufige Anwendungen dies umso mehr tun. Wir wissen nicht, ob solche Änderungen umkehrbar sind, und die möglichen Risiken einer Gesamtdosis über Jahre hinweg oder ein Leben lang sind noch nicht untersucht worden“, schreiben die Forscher. 

 

Eine Pille gegen kognitive Einschränkungen?

Ist der Leidensdruck groß genug, scheuen Eltern mitunter nicht davor zurück, kognitionssteigernde Medikamente auch außerhalb klinischer Studien an ihren Kindern auszuprobieren. Schlagzeilen machten etwa 2016 Eltern, die ihren Kindern mit Down-Syndrom Fluoxetin, besser bekannt unter dem Markennamen Prozac, gaben. Man vermutete vor allem auf Grundlage von Tierversuchen, dass das Antidepressivum die mit dem Down-Syndrom einhergehenden kognitiven Einschränkungen positiv beeinflussen könnte, indem es neue Neuronen sprießen lässt. Prozac ist allerdings keineswegs frei von Nebenwirkungen und kann bei Kindern sogar das Selbstmordrisiko steigern. Dass auch Eltern von kognitiv normalen Nachwuchs auf die Idee kämen, solche Medikamente zu verabreichen, um den IQ ihrer Kinder ein wenig anzuheben, ist daher weniger wahrscheinlich. 

 

Neuron

Neuron/-/neuron

Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.

Intelligenzquotient

Intelligenzquotient (IQ)/-/intelligence quotient

Kenngröße, die das intellektuelle Leistungsvermögen eines Menschen ausdrücken soll. Entsprechende Tests zur Ermittlung der Intelligenz gehen mit dem Konzept einher, dass ein allgemeiner Generalfaktor der Intelligenz existiert, der in der Bevölkerung normal verteilt ist. Die ersten IQ-​Tests wurden Anfang des 20. Jahrhunderts von Alfred Binet entwickelt, der damit das relative Intelligenzalter von Schulkindern bestimmen wollte. Seiner Definition zufolge bezeichnet der IQ den Quotienten aus Intelligenzalter und Lebensalter multipliziert mit 100. Dies ist demnach auch der durchschnittliche IQ eines Menschen. 95 Prozent der Bevölkerung liegen mit ihren IQ-​Werten zwischen 70 und 130. Erreicht jemand einen Wert unter 70, spricht man von Intelligenzminderung, während ein Ergebnis jenseits der 130 als Hochbegabung gilt.

Der Drang, Grenzen zu überwinden, prägt den Menschen seit eh und je, angetrieben von seinem einzigartigen Talent, sich vorzustellen was (noch) nicht ist. Das gilt auch für die Grenzen des Gehirns. Genuin geniale Spitzenleistungen sind rar, doch von mentalen Superkräften träumen viele. Lucy in Luc Bessons gleichnamigen Film beispielsweise entfesselt dank einer neuartigen Droge eine extrem überhöhte Intelligenz. Für den Studenten Dexter in der Disney-Komödie „Superhirn in Tennisschuhen“ reicht ein Stromschlag, um computergleiche Fähigkeiten zu entwickeln, und den IQ des geistig zurückgebliebenen Charly katapultiert in Daniel Keyes preisgekrönter Geschichte „Blumen für Algernon“ eine Operation in luftige Höhen. Auch jenseits der Traumfabriken sprudelt die Phantasie kaum weniger lebhaft.

Vor allem der Griff zur Pille lockt viele Menschen. Schon Schwangere werden angehalten, Fischöl-Kapseln zu schlucken, um die Gehirnentwicklung des Ungeborenen mit den darin enthaltenen Omega-3-Fischsäuren zu fördern. Auch für Kinder stehen Fischöl-Präparate hoch im Kurs – und haben tatsächlich einen kleinen, aber messbar positiven Effekt auf die Intelligenz. Die Wirkung vieler weiterer Präparate, die kognitive Kräfte befeuern wollen, von Ginseng- und Ginko-Extrakten, über B-Vitamine und Vitamin D bis hin zu Koffein, ist hingegen eher zweifelhaft .

Auf der Suche nach einem stärkeren kognitiven Kick greifen daher immer mehr Menschen nach verschreibungspflichtigen Medikamenten, die das Denken verbessern sollen. Allein in Deutschland ist die Zahl der Berufstätigen, die schon einmal solche Pillen geschluckt hat, um Leistung zu steigern oder Stress abzubauen, zwischen 2008 und 2014 von 4,7 auf 6,7 Prozent gestiegen .

Medikamente, die als „Neuroenhancer“ in Betracht kommen, wurden häufig ursprünglich für andere Zwecke entwickelt, etwa zur Behandlung von Aufmerksamkeitsstörungen (Ritalin), Schlafsucht (Modafinil) oder Demenz (Memantin, Donezepil). Nach aktueller Studienlage können sie unter bestimmten Voraussetzungen einige geistige Leistungen bei Gesunden zwar womöglich tatsächlich verbessern , von einer dauerhaften Intelligenzsteigerung kann jedoch auch hier keine Rede sein. Trotz intensiver Anstrengungen von Pharma- und Biotechfirmen blieb der große Durchbruch bei der Suche nach einer Superhirnpille bislang aus (siehe auch: Doping fürs Gedächtnis) .

Das liegt auch daran, dass besonders große und nachhaltige Intelligenzsteigerungen, wie sie für die gezielte Entwicklung echter Genialität nötig wären, voraussichtlich in jungen Jahren ansetzen müssten, wenn das Gehirn noch formbarer ist. Gerade Eingriffe bei Kindern gelten jedoch als ethisch besonders sensibel, da diese im Gegensatz zu mündigen Erwachsenen noch nicht voll selbstbestimmt einwilligen können. Wenn ernste Nebenwirkungen drohen oder deren Möglichkeit auch nur unzureichend erforscht ist, ist daher aus gutem Grund Zurückhaltung geboten – wird aber längst nicht immer ausgeübt [Kasten].

Von Maschinen, die direkt am Gehirn ansetzen, erhoffen manche eine durchschlagendere Wirkung. Gleich zwei davon greifen das schon in den 1960er Jahren vom Disney-Huhn Daniel Düsentrieb erfundene Konzept der „Denkkappe“ auf. Bei der transkraniellen Gleichstromstimulation (tDCS) stimulieren am Kopf angebrachten Elektroden das Gehirn elektrisch, während bei der transkraniellen Magnetstimulation (TMS) Magnetspulen durch den Schädel auf die Neuronen wirken. Beide Methoden konnten im Experiment schon diverse kognitive Aspekte positiv beeinflussen, z. B. verbale Funktionen, das Gedächtnis oder die geistige Flexibilität. Die Wirksamkeit mag in beiden Ansätzen auf eine generelle Erhöhung der neuronalen Plastizität zurückgehen, doch ob sich positive Effekte einstellen, hängt offenbar von vielen Aspekten des Versuchsaufbaus ab. Bislang gelang es weder mit tDCS noch mit TMS , ein „Rezept“ zu entwickeln, das in gesunden Menschen robust kognitive Verbesserungen bewirkt.

Auch die tiefe Hirnstimulation,  bei der Elektroden dauerhaft ins Gehirn eingesetzt werden, könnte kognitive Leistungen verbessern . Diese Technologie kann auch tieferliegende Regionen erreichen, zum Beispiel den Hippocampus, der eine wichtige Rolle bei der Bildung von Erinnerungen spielt. Der Unternehmer Bryan Johnson hat 2016 hundert Millionen Dollar in die Gründung der Firma kernel gesteckt, um zunächst gemeinsam mit dem Neurowissenschaftler Theodore W. Berger, der bereits an einer Hippocampusprothese für Affen arbeitete, einen Chip zu bauen, der die Bildung und den Abruf von Erinnerungen verstärken sollte . Inzwischen sucht Johnson stattdessen nach Wegen, das Gehirn direkt über multiple Schaltstellen mit Computern zu verbinden . Der Technikvisionär und Unternehmer Elon Musk, besser bekannt für seine Tesla-Autos und Fahrpläne zum Mars, plant mit seiner neuen Firma Neuralink derweil ein Produkt, das es bislang nur in den Science-Fiction-Geschichten des schottischen Schriftstellers Iain M. Banks gab: die so genannte „neurale Borte“ (neural lace). Die Metapher des filigranen Garngeflechts deutet darauf hin, dass hier ebenfalls mehrere Andockstellen im Gehirn komplex mit maschinellen Gegenparts vernetzt werden sollen. Mehrere andere Teams arbeiten an ähnlichen Projekten.

Gedächtnis

Gedächtnis/-/memory

Gedächtnis ist ein Oberbegriff für alle Arten von Informationsspeicherung im Organismus. Dazu gehören neben dem reinen Behalten auch die Aufnahme der Information, deren Ordnung und der Abruf.

Ein anderer Weg, menschliche Geistesleistungen aufzumotzen, setzt nicht auf Maschinen, sondern auf Moleküle. Statt digitale Plugins einzuflechten, sollen genetische Manipulationen die neuronale Architektur von Grund auf leistungsfähiger machen. Einer der Pioniere solcher Ansätze ist Joe Tsien, der 1999 die genetisch veränderte Maus Doogie präsentierte. Sie lernte doppelt so schnell wie normale Mäuse, durch ein Wasserlabyrinth zu navigieren, nachdem es Tsiens Team mit geschickt eingesetzten molekularen Schaltern gelungen war, einen bestimmten Rezeptor nur im Vorderhirn und nur nach der Geburt vervielfältigt zu aktivieren. Durch den Eingriff hatten die Forscher die synaptische Plastizität in Schlüsselregionen des Gehirns so erhöht, dass die Mäuse besser lernen konnten.

Tsiens Experiment ist ein Paradebeispiel dafür, wie genau molekulare Eingriffe zeitlich und räumlich platziert werden müssen, um bestimmte Effekte zu erzielen. Viele Unterschiede im Lern- und Denkvermögen gehen nach derzeitigem Verständnis auf subtile Weichenstellungen während der Entwicklung zurück, die beeinflussen, ob und wann ein Gen wo im Körper wie aktiv ist und wie es dabei mit den Produkten anderer Gene interagiert. Man geht davon aus, dass hunderte oder tausende von Genvarianten an diesen Weichenstellungen beteiligt sind – und dass genetische Unterschiede bei gleichmäßig guten Bildungschancen den Großteil der Intelligenzvariation zwischen Menschen erklären können. Bekannt sind bislang allerdings nur 52 Gene, die Intelligenz beeinflussen , und die erklären nur knapp fünf Prozent der Varianz.

Manche Forscher glauben, dass wir mit den inzwischen verfügbaren Methoden der Genanalyse genügend weitere relevante Gene entdecken können, um Embryonen künftig anhand ihrer genetischen Veranlagung für Intelligenz auszuwählen. Einer von ihnen ist Stephen Hsu, der Gründer des „Cognitive Genomics Labs“ der chinesischen Firma BGI, die derzeit genetische Proben von tausenden mathematisch besonders begabten Menschen analysiert, um weitere die Intelligenz beeinflussende Gene zu identifizieren. Eltern, die mithilfe entsprechend akkurater prädiktiver Modelle „zwischen ungefähr zehn befruchteten Eizellen auswählen, könnten den IQ ihres Kindes um immerhin 15 oder mehr Punkte verbessern“, schrieb Hsu bereits 2014 .

Um menschliche Intelligenz drastisch zu verändern, müssten wir allerdings darüber hinaus in der Lage sein, viele relevante Gene auch aktiv zu verändern, und zwar auf einen Schlag. Möglich könnte dies dank der 2012 entdeckten so genannten „Genschere“ Crispr-Cas9 und verwandter neuer Gentechniken werden. Sie erlauben es, viele Genschnipsel gleichzeitig und besonders schnell und präzise auszuschneiden und zu ersetzen. Sollte es eines Tages machbar sein, in einem Embryo oder in Keimbahnzellen mit solchen Methoden hunderte oder tausende von Genen gleichzeitig so zu konfigurieren, dass die bestmöglichen genetischen Voraussetzungen für Intelligenz geschaffen werden, wären nach Hsus Spekulationen „Superintelligenzen mit einem IQ von über 1000 Punkten denkbar“.

Vorerst bleiben solche Visionen Zukunftsmusik. Doch die Bemühungen der Forscher schreiten voran und werden keineswegs überall von Bedenken eingehegt. Das Gesetz in Deutschland und vielen anderen Ländern mag menschliche Keimbahnveränderungen verbieten , aber die ersten Versuche, mithilfe neuer genetischer Methoden Erbkrankheiten in menschlichen Embryos zu beseitigen, haben in China und den USA längst stattgefunden. Ebenso geht die Forschung an Pillen fürs Gehirn und an maschinellen Interventionen weiter. Und auch wenn bislang die meisten Menschen zumindest invasive Eingriffe in das Gehirn oder Veränderungen der menschlichen Keimbahn zur Steigerung von Intelligenz ablehnen, gibt es doch genügend Anhaltspunkte, dass es zu einem Meinungsumschwung kommen könnte, sollten Pioniere erst einmal zeigen, dass Interventionen nicht nur funktionieren, sondern auch risikoarm sind.

Bestimmte Neuroimplantate – vor allem Innenohrprothesen – gehören längst zum klinischen Alltag, Eingriffe in die menschliche Keimbahn zur Behandlung von Energiestoffwechselerkrankungen – wenn auch „nur“ durch Austausch der Mitochondrien, wurden in den USA erfolgreich erprobt und stehen in Großbritannien kurz vor der Zulassung . Auch an der Einnahme von erprobten kognitionsfördernden Nahrungsergänzungsmitteln stößt sich niemand. Selbst wenn Eingriffe experimentell sind, darf diese grundsätzlich jeder am eigenen Leib ausprobieren – solange dabei niemand anders zu Schaden kommt. Sollte es künftig gelingen, auch bei drastischeren Interventionen „die Risiken körperlicher wie psychischer Neben- und Nachwirkungen unter die Schwelle des Bagatellhaften zu senken“, so müsse ihre Anwendung sogar bei Kindern erlaubt sein, forderte eine Gruppe von Experten bereits 2009 in ihrem Memorandum „Das optimierte Gehirn“ über pharmakologisches Neuroenhancement. Julian Savulescu, Professor für Praktische Ethik an der Universität Oxford, spricht sogar von einer „moralischen Verpflichtung“ der Menschheit, sich selbst zu optimieren . Es mag wie Science-Fiction klingen, aber Raymond Kurzweil, Erfolgsautor und bekanntester Fürsprecher des „Transhumanismus“, hat die Verschmelzung menschlicher und künstlicher Intelligenz zu einer „Singularität“ vorausgesagt. Im Hauptberuf ist Kurzweil übrigens Leiter der technischen Entwicklung bei Google.

Dass technische Entwicklungen sich durch Verbote aufhalten lassen, ist angesichts des globalen Informationsaustauschs eher unwahrscheinlich. Wären bestimmte Möglichkeiten zur Intelligenzsteigerung erst einmal verfügbar, wäre vielmehr die Frage zu klären, ob und inwieweit der Staat ihre Nutzung regulieren oder sogar finanziell fördern sollte, um einen gerechten Zugang zu ermöglichen. Wie schon bei anderen kontroversen Technologien – zum Beispiel im Bereich der Fortpflanzungsmedizin – wird darüber letztlich jede Gesellschaft für sich entscheiden müssen. Bis dahin, so erklärte es der Intelligenz-Forscher Detlev Rost bereits kürzlich der Redaktion , gibt es allerdings „weltweit nur ein wirklich nachhaltiges Intelligenz-Trainingsprogramm, und das ist die Schule.“

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