Question to the brain

Warum motiviert schnelle Musik, warum treibt sie uns voran?

Questioner: Nathalie I. aus Nürnberg

Published: 03.01.2021

Beim Sport brauche ich kräftige, laute Musik. Vom Gefühl her bin ich dann schneller und halte länger durch. Wie kommt das?

The editor's reply is:

Antwort von Stefan Kölsch, Professor für Biologische Psychologie und Musikpsychologie an der Universität Bergen: „Musik motiviert uns beim Sport aus unterschiedlichen Gründen. Der erste ist unsere physiologische Resonanz mit Musik. Von unserem Innenohr aus gelangen Klänge über die Hörschnecke direkt ins Vitalisierungssystem unseres Gehirns. So können sie uns aktivieren oder beruhigen. Vom Vitalisierungssystem aus gibt es wiederum direkte Nervenleitungen ins muskuläre System, so setzen wir einige Klänge direkt in Bewegung um – etwa, wenn wir bei einem lauten Knall zusammenzucken. Kein Wunder also, dass uns ein Beat direkt in die Beine gehen kann, ob beim Tanzen oder beim Sport. Darüber hinaus gibt es vom Vitalisierungssystem aus direkte Nervenleitungen ins vegetative System, so können Klänge auf Organe unseres Körpers wirken, etwa auf Herzschlag, Schweißbildung oder die Weite der Pupillen.

Bewegen wir uns synchron zur Musik, wird im Gehirn zudem das körpereigene Opioidsystem aktiviert, es wird mehr Dopamin ausgeschüttet, der Treibstoff für den „Spaßmotor“ im Gehirn (der sog. Nucleus accumbens Dieser Spaßmotor motiviert und verstärkt auch Bewegungen.
Der zweite Grund dafür, dass uns Musik – und besonders kräftige, laute Musik – beim Sport motiviert, ist emotionale Resonanz. Unser Gehirn erkennt den emotionalen Ausdruck von Musik, was wiederum unsere Gefühlslage beeinflusst. Melancholische Klänge bringen uns leicht in eine ebensolche Stimmung. Mit heroisch klingender Musik können sich dagegen viele Leute gut motivieren – auch zum Sport.

Neben unserer Gefühlslage kann Musik auch unsere Gedanken beeinflussen. Das konnte ich gemeinsam mit meiner Forschungsgruppe in einem Experiment zeigen. Ließen die Versuchsteilnehmer ihre Gedanken zu trauriger Musik schweifen, hatten sie eher schwermütige Gedanken. Hörten sie dagegen heroisch klingende Musik, waren ihre Gedanken eher motivierend und positiver. Musik kann also auch helfen, sich gedanklich positiv auf ein Training einzustimmen.

Hat man außerdem bereits oft eine Musik genutzt, um sich zum Sport zu motivieren, kommt ein weiterer Motivationskick dazu: Das Gehirn stellt eine Verbindung zwischen der Musik und dem Sportmachen her. So kann Musik helfen anzufangen, sich überhaupt zum Sport zu motivieren und beim Sport durchzuhalten. Es kann sogar helfen, schon beim Packen der Sportsachen am Vortag, die passende Musik zu hören, und wieder zu Beginn des Trainings. Die Musik kann auch bewirken, dass wir die ersten 20 Minuten leichter durchhalten. So lange dauert es nämlich, bis der Körper die Hormonlage so ändert, dass Fett in Kohlendioxid umgewandelt wird.  
Besonders wirkungsvoll kann es sein, sich vorzustellen, mit den eigenen Bewegungen die Musik zu beeinflussen, mit dem Tritt in die Pedale etwa den Beat auszulösen. So macht die Bewegung noch mehr Spaß und ist effektiver.

Aufgezeichnet von Natalie Steinmann

Cochlea

Cochlea/-/cochlea

Die Cochlea (Hörschnecke) ist der Teil des Innenohres, in dem sich das Cortische Organ befindet, welches für die Umwandlung akustischer Signale in Nervenimpulse zuständig ist.

Dopamin

Dopamin/-/dopamine

Dopamin ist ein wichtiger Botenstoff des zentralen Nervensystems, der in die Gruppe der Catecholamine gehört. Es spielt eine Rolle bei Motorik, Motivation, Emotion und kognitiven Prozessen. Störungen in der Funktion dieses Transmitters spielen eine Rolle bei vielen Erkrankungen des Gehirns, wie Schizophrenie, Depression, Parkinsonsche Krankheit, oder Substanzabhängigkeit.

Nucleus

Nucleus/Nucleus/nucleus

Nucleus, Plural Nuclei, bezeichnet zweierlei: Zum einen den Kern einer Zelle, den Zellkern. Zum zweiten eine Ansammlung von Zellkörpern im Gehirn.

Nucleus accumbens

Nucleus accumbens/Nucleus accumbens/nucleus accumbens

Der Nucleus accumbens ist ein Kern in den Basalganglien, der dopaminerge (auf Dopamin reagierende) Eingänge vom ventralen Tegmentum bekommt. Er wird mit Belohnung und Aufmerksamkeit, aber auch mit Sucht assoziiert. In der Schmerzverarbeitung ist er an motivationalen Aspekten des Schmerzes (Belohnung, Schmerzabnahme) sowie an der Wirkung von Placebos beteiligt.

Emotionen

Emotionen/-/emotions

Unter „Emotionen“ verstehen Neurowissenschaftler psychische Prozesse, die durch äußere Reize ausgelöst werden und eine Handlungsbereitschaft zur Folge haben. Emotionen entstehen im limbischen System, einem stammesgeschichtlich alten Teil des Gehirns. Der Psychologe Paul Ekman hat sechs kulturübergreifende Basisemotionen definiert, die sich in charakteristischen Gesichtsausdrücken widerspiegeln: Freude, Ärger, Angst, Überraschung, Trauer und Ekel.

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